Die Geschichte der Hindenburgbrücke - 3
Die Geschichte der Hindenburgbrücke Teil 3
Aus: Nachrichten der Deutschen Gesellschaft für Eisenbahngeschichte e.V., 1982, Nr. 49
Veröffentlicht in den Rheingauischen Heimatblättern
1 / 1991
Die Frage des Wiederaufbaus - Letzte Spuren der Hindenburgbrücke
An einen Wiederaufbau der Hindenburgbrücke war vorerst nicht zu denken. Andere, wichtigere Straßen- und Eisenbahnbrücken hatten Vorrang.
Zunächst wurden im Jahre 1948 die im Wasser liegenden Reste der eisernen Überbauten gehoben, da sie die Schiffahrt behinderten.
Die Bundesbahn nahm in der Frage des Wiederaufbaus zunächst keine eindeutige Haltung ein. Zwar war nach der Wiedereröffnung der Kaiserbrücke in Mainz im Jahre 1954 kein Bedarf mehr für eine weitere Eisenbahnbrücke über den Rhein gegeben, aber mehrere Hinweise deuten darauf hin, daß die DB das Projekt „Hindenburgbrücke" noch nicht zu den Akten gelegt hatte. Die auf die Brücke zuführenden Trassen blieben lange Jahre unangetastet. Die autobahnähnliche Bundesstraße 9 südlich von Bingen durfte auf Veranlassung der DB nicht auf dem Bahngelände trassiert werden, sondern mußte parallel daneben gelegt werden. Th. Acker schreibt in seinem Beitrag zum 60jährigen Bestehen der Direktion Mainz im Jahre 1956: „Noch nicht wiederhergestellt sind die Brücken bei Remagen und Bingen..." Schließlich ist zu erwähnen, daß man die Ockenheimer Verbindungskurve vorerst nicht abbaute; ohne Rheinbrücke hat diese Kurve aber keinen Sinn. (In derTopografischen Karte 1:25000; Ausgabe 1970, ist die Kurve noch eingezeichnet.)
Zahlreiche Reste künden noch heute von der Hindenburgbrücke und den von ihr ausgehenden ehemaligen Strecken. So ist ein Teil der Flußpfeiler noch vollkommen intakt erhalten geblieben. Auf dem Rüdesheimer Ufer liegen heute noch die Trümmer von drei gesprengten Vorflutbögen. Der Vierte, am weitesten landeinwärts befindliche Bogen blieb unzerstört. An seinem landseitigen Ende steht unversehrt das Gebäude der Blockstelle Hindenburgbrücke. Die Bahndämme in Richtung der nicht mehr existierenden Blockstellen Floß und Kellergrube sind einschließlich der Durchlässe für Straßen und Wege noch intakt. Lediglich die Überführung der Strecke Floß - Hindenburgbrücke über die B 42 wurde abgetragen.
Die Trassen sind mit Büschen und Bäumen dicht zugewachsen und von der rechtsrheinischen Strecke aus kaum noch zu erkennen. Linksrheinisch blieben drei Vorflutbögen erhalten. Es handelt sich um den direkt am Ufer stehenden und die beiden am weitesten landeinwärts befindlichen, dazwischen liegen die Trümmer der zwei zerstörten Bögen. Die Bahntrasse auf den Bögen und dem anschließenden Brückenkopf ist ebenfalls bewachsen. Die Brücken, welche die Strecke Bingen - Mainz und eine dazu parallel verlaufende Straße überquerten, sind entfernt worden. Der nach Süden führende Bahndamm ist bis hinter den ehemaligen Bk Rochusberg Straßenbaumaßnahmen zum Opfer gefallen. Die Streckenäste in Richtung Bf Ockenheim und Naheufer sind teilweise noch als zugewachsene Einschnitte auszumachen. Beiderseits des Naheufers befinden sich noch je zwei gemauerte Brückenbögen als Reste der ehemaligen Nahebrücke.
Die Dämme auf dem linken Naheufer blieben weitgehend erhalten; auch das Brückenbauwerk, welches das von der Hindenburgbrücke kommende Gleis über die Nahestrecke hinwegführte, steht noch. Von der ehemaligen Blockstelle Sarmsheim ist allerdings nichts mehr zu sehen. Die ehemalige Verbindungskurve vom Bahnhof Ockenheim zur linksrheinischen Strecke existiert nur noch als Feldweg. Nur der in Höhe des östlichen Einfahrtsignals nach Norden abschwenkende Damm verrät dem Kundigen die ehemalige Bahnstrecke.
Es bleibt nachzutragen, daß es nach dem Krieg interessierte Kreise gab, die für den Wiederaufbau der Hindenburgbrücke plädierten. Die umliegenden Gemeinden und die Industrie- und Handelskammern sprachen sich in einer Denkschrift vom 2. Februar 1956 für die Wiedererrichtung der Brücke aus. Allerdings war nur noch von einer Straßenbrücke die Rede. In den folgenden Jahren wurde sogar der Plan für eine Autobahnbrücke etwas rheinaufwärts von der ehemaligen Hindenburgbrücke erstellt. Ihr Bau scheiterte aber immer wieder an der Uneinigkeit der Bundesländer Hessen und Rheinland-Pfalz und an den finanziellen Gegebenheiten.
Neuerdings laufen die Umweltschützer Sturm gegen das Autobahnprojekt, da die geplante Trasse ein Vogelschutzgebiet durchschneiden würde. Als Alternative wird eine kleinere Brücke auf der Linie der Hindenburg-brücke zur Diskussion gestellt. Die angespannte Finanzlage der öffentlichen Hand dürfte aber auch dieses Projekt scheitern lassen. Ob es den Eisenbahnfreund mit Genugtuung erfüllt?
Dr. E. Schweitzer/Heidenheim
Schrifttum:
1) Hans Döhn, Eisenbahnpolitik und Eisenbahnbau in Rheinhessen 1835-1914, Dissertation Mainz 1957
2) H. Kreck, 40 Jahre Reichsbahndirektion Mainz (in: Die Reichsbahn, Jahrgang 1937, S. 317 ff)
3) Th. Acker, Die Bundesbahndirektion Mainz (in: die Bundesbahn, Jahrgang 1956, S. 1197 ff)
4) Friedrich Rudolf Engelhardt, Die ehemalige Hindenburgbrücke (unveröffentlicht)
5) Josef Loos, Die Hindenburgbrücke bei Bingen (in: Heimatjahrbuch 1979, Landkreis Mainz-Bingen)
6) Schaper, Die über die großen Ströme führenden Eisenbahnbrücken (in: Die Reichsbahn, Jahrgang 1930, S. 526 ff)
7) Anhang zur Dienstvorschrift für die Ermittlung von Betriebsleistungen (Kilometeranzeiger), Reichsbahndirektion Mainz, Ausgabe 1942
8) Sperrung der Hindenburgbrücke (in: Die Reichsbahn, Jahrgang 1930, S. 863)
9) Archivmaterial der Stadt Bingen
10) Frdl. Mitteilung von Herrn A. Kunz, Bingen